stimmen über
„Dieser Text, bestehend aus einer Reihe von Handlungsanweisungen, spricht mich, die Leserin, direkt und unverblümt an. Gleich der erste Imperativ, pioniere dich, erinnert mich an die vielzitierte Inschrift am Apollontempel zu Delphi, → Γνῶθι σεαυτόν, Erkenne dich selbst! – und ruft damit alte, immer wieder neu gestellte, immer wieder anders beantwortete Menschheitsfragen auf: Wer bin ich, was kann ich wissen, was darf ich hoffen, wie soll ich leben, wie kann ich das Richtige tun, was ist meine Aufgabe, was ist der Sinn meines Lebens?“
Aus Pega Mund – driftout: stimmen JETZT: Axel Görlach, leichtsinn (clip), 30.09.2021
(hier zum gesamten Text)
„Neben der Bildhaftigkeit als auffälliges Moment in den Gedichten Axel Görlachs ist noch das Melos seiner Texte zu nennen. Der Autor schreibt zumeist in einem Textblock gegliederte Gedichte, die mit wenigen Kommata als Strukturierungshilfen auskommen. Ein Gedanke geht nahtlos in den nächsten über, fast immer muss der Leser bzw. die Leserin Zäsuren setzen. Neben dem Enjambement als Stilmittel bedient Görlach sich Alliterationen und Assonanzen. („die schwermut hier / ist eine leichte diagnose die alles / in balance hält auf brückengeländern / sitzen kormorane“, S. 35) So entstehen stark durchrhythmisierte Texte, die den Leser bzw. die Leserin auch auf klanglicher Ebene einnehmen.“
Aus der Rezension des Gedichtbands „weil es keinen grund gibt für grund“ durch Andreas Hutt, signaturen-magazin München, 23.07.2021
(hier die gesamte Rezension)
„Versucht man eine thematische Linie durch die fünf Abschnitte des Buchs zu legen, so drängt sich der Begriff „Bewusstsein“ auf. Damit ist weniger jene im Buch auch vorkommende Bewusstheit gemeint, die politischen Umständen, klimatische Veränderungen oder Mitmenschen achtsam begegnet und sich verhält, sondern das Bewusstsein als Funktion unseres Gehirns, das klar ist, manchmal verloren geht, sich eintrübt durch Substanzmissbrauch, Medikamente oder behindert wird infolge traumatischer Erfahrungen, die als Flashbacks hochdrängen.“
Aus der Besprechung des Gedichtbands „weil es keinen grund gibt für grund“ durch Monika Vasik, poesiegalerie Wien, 10.05.2021
(hier die gesamte Rezension)
„Stets finden wir bei Görlach enge Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen dem, was die Sprache tut, und dem, wovon sie erzählt. […] Ihre Entsprechung finden Görlachs Gedichte in seinen unaufdringlich vielschichtigen Fotografien, von denen einige in diesen Band aufgenommen sind. Auch sie verdeutlichen, dass uns Momente des Poetischen in ganz unterschiedlicher Gestalt und an unverhoffter Stelle begegnen und dass es des sensiblen Blicks, aber auch des gekonnten Handwerks und der Willensentscheidung eines Auslösemoments bedarf, um sie festzuhalten. Denn die Räume, die uns umgeben und uns gegeben sind, erweisen sich bei Görlach in schöner Paradoxie als »räume, die sich öffnen, je näher wir uns entfernen«.“
Aus dem Nachwort von Helwig Brunner im Gedichtband „weil es keinen grund gibt für grund“, Edition Keiper, Graz 2021
„Zeitgenössische Lyrik, die den Blick auf unser Dasein schärft, überzeugt, so, wie der Autor schreibt, sinnlich schwebend zwischen Konsistenz und Widerspruch, Aussparung und Nachdrücklichkeit, lautmalerischer Konvulsion und Zurücknahme. „Man kann nicht über das Wasser gehen“, lesen wir. Wir meinen: doch, und verleihen Axel Görlach den ersten Preis für die Strahlkraft und den Sog, den seine unerhört eindringliche Poesie auszeichnet.“
Margarita Fuchs für die Jury des erostepost-Literaturpreises 2020, erostepost Nr. 60, Salzburg 2020
„Track für Track lösen sich unter tektonischer Spannung die Kontinente von der Insel des Ursprungs. Doch während sich einerseits das Werden auf Biografien und die Weltgeschichte abbildet, sieht poetisches Bewusstsein aus wachsender kritischer Distanz immer deutlicher in allem das Eine, die mythische Welt. […] Ob der Leser oder Hörer die Warnung vor der einsamen Welterkundung erkennt, ist die offene Frage, die dieses Konzeptalbum auszeichnet.”
Michael Lösel für die Jury des Poeten-Wettbewerbs des Pegnesischen Blumenordens über den Zyklus „rodinia“, Blattwerk #2,
Nürnberg 2019
„Axel Görlach […] ist seit längerem eine deutlich vernehmbare Stimme in der deutschen Gegenwartslyrik. Mit zahlreichen wichtigen Preisen ausgezeichnet (u.a. Wiener Werkstattpreis 2008, Preis beim Irseer Pegasus 2010, 1. Preis beim Feldkircher Lyrikpreis) gehört der Autor zweier Lyrikbände, „leben gezeichnet“ (2009) und „lichtstill“ (2015), sowie einer großen Anzahl von Veröffentlichungen in Zeitschriften und Anthologien zu den bedeutenden Größen der zeitgenössischen Poesie.“
Salon Fluchtentier in der Ankündigung: Lyrik an der Theke – Werkstattgespräche, Frankfurt am Main, 22.06.2018
„Axel Görlachs Texte legen Gedächtnisspuren. Aus Ihnen wächst ein Eindruck, der den Leser durch das Motiv „Jemand anderes dachte an ihn wie nichts“ begleitet und ihn teilhaben lässt an elementar Erlebtem. Seine Gedichte sind nicht abstrakt, sind fließend mit konkreten Bezügen zur Stadt Istanbul. Man nimmt das Wissen um eine Stadt auf, szenische Bilder, die mit den typischen Merkmalen dieser Stadt spielen und die sich doch in jeder anderen Stadt ähnlich ereignen könnten. Görlach schafft auf engem Raum ein Bild, das sich nicht in Klischees verliert und doch, oder vielleicht besser trotzdem, mit den typischen Merkmalen Istanbuls wie Katzen, Fische, Wäscheleinen, Märkten, Stoffen, Teppichen interagiert. Touristische Wahrnehmung wird zur Innenansicht, Stadtimpressionen tragen wie Katzen ihr Skelett auf der Haut. Gedächtnisspuren fließen wie Schatten die Fassaden entlang. Görlachs Gedichte evozieren ein Bild, das sich, nach Aristoteles, wie ein Siegelring in Wachs drückt und lassen ein dunkles Leuchten zurück.“
Julietta Fix für die Jury des Feldkircher Lyrikpreises 2014
dazu: Zwei Livemitschnitte der Preisverleihung (Laudatio und Gedichtvortrag) im „literaturradio“ (vom Verein Literatur Voralberg geförderte Plattform für Hörtexte)
„Axel Görlach lässt uns eintauchen in eine Landschaft, klar und scharf gezeichnet und doch trügerisch, mit unsicherem Grund, im Zwielicht. Das Erleben des lyrischen Ich führt unmittelbar zur übertragenen Ebene, den Assoziationen, wie dem Flügel, der die glatte Oberfläche eines Sees schneidet und zur Klinge wird. Indem sie an die Kehle fährt, ist auch ein Sprachverlust mit angesprochen, der später durch den Verlust der Bilder aufgegriffen und weitergesponnen wird. […] Am Ende verschwinden die Bilder, die Landschaft, es bleibt das Rauschen. Die Aussage über das zuletzt Verlässliche „stein und herzschlag“ und den Schlussgedanken „keine beweise, dass wir waren was wir nicht mehr sind“, hinterlässt einen Nachklang und wirft den Leser auch auf sich selbst zurück.“
Aus der Jurybegründung zu dem im Wettbewerb ausgezeichneten Gedicht „blindsee nebel . katarakte“, Blaues Blatt #4, 2013
„Begleiten Sie Axel Görlach auf eine Zugreise über den Balkan. Görlach nimmt den Rhythmus der Räder in seine Verse auf und lässt den Zuhörer teilhaben an dem traumhaften Zustand zwischen Wachen und Schlafen. Landschaften und Menschen tauchen auf, verwandeln sich und verschwinden. Insgesamt neunmal heben die Gesänge an. Immer kreisen die Worte um das Fremde, das fasziniert, zugleich gefährlich ist und am Ende rätselhaft bleibt: etwas sitzt mit im abteil. es ist unaussprechbar. zertrümmert den mond meißelt ein silbernes loch in den gläsernen himmel das sich rot färbt wie ein brennendes auge.“
Über den Zyklus „die gesänge der züge“, Broschüre zum Literaturfest WORTWÄRTS 5, 2010, Kuno-Literaturzentrum Nord, Nürnberg